Scheinarbeitsverhältnis begründet keinen Krankenversicherungsschutz
Durch ein Scheinarbeitsverhältnis entsteht keine Mitgliedschaft in der Krankenkasse
Wer einen Arbeitsvertrag nur zum Schein abschließt – sogenanntes Scheinarbeitsverhältnis – um als Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung Krankenversicherungsschutz zu erlangen, handelt rechtsmissbräuchlich und kommt deshalb nicht in den Genuss des Schutzes der gesetzlichen Krankenkasse. Ein solcher Rechtsmissbrauch begründet keine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Der Fall aus der Praxis
Eine Arbeitnehmerin hatte es im Anschluss an ein befristetes Arbeitsverhältnis versäumt, sich freiwillig krankenzuversichern. Sie wollte unter keinen Umständen Sozialleistungen in Anspruch nehmen, weil sie in diesem Fall voraussichtlich ihr Haus hätte verkaufen müssen. Die Arbeitnehmerin gab an, dass sie sich zu diesem Zeitpunkt aus Angst, Scham und Frustration aus dem Leben zurückgezogen habe. Daraufhin stellte sie ihr Vater in seinem Imbissbetrieb ein. Sie vereinbarten eine 40-Stunden-Woche und eine Vergütung in Höhe von 405 € brutto monatlich. Wenige Wochen nach Abschluss des Arbeitsvertrags musste die Arbeitnehmerin wegen einer schweren psychischen Erkrankung stationär behandelt werden und ist seitdem arbeitsunfähig. Mit ihrer Klage forderte sie von der beklagten Krankenversicherung die Anerkennung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses mit ihrem Vater.
Das sagt das Gericht
Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Meinung des Gerichts sei die Klägerin durch den mit ihrem Vater geschlossenen Arbeitsvertrag nicht Mitglied der beklagten Krankenkasse geworden. Dieser sei allein oder ganz wesentlich zu dem Zweck begründet worden, Krankenversicherungsschutz zu erlangen. Dies sei rechtsmissbräuchlich, sodass der ablehnende Bescheid der gesetzlichen Krankenkasse rechtmäßig gewesen sei. Es sei davon auszugehen, dass das Arbeitsverhältnis nur zum Schein begründet worden sei, um eine Absicherung gegen Krankheit zu erlangen. Dafür spreche zunächst, dass die Klägerin keine Arbeitsleistung erbracht habe und für sie nach ihrer Erkrankung auch keine Ersatzkraft eingestellt worden sei. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, dass der Betrieb überhaupt Umsätze gemacht habe. Ferner entsprächen die geringe Lohnhöhe sowie die Aushändigung des Lohns in bar in der Klinik nicht einem üblichen Arbeitsverhältnis (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.05.2011, Az.: L 10 KR 52/07).
Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ist Pflicht
Gesetzliche Grundlage der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist das Fünfte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V). Die Versicherten erhalten danach Versicherungsleistungen in Form von Sachleistungen. Die Mitglieder der GKV teilen sich in die folgenden drei Gruppen auf: Pflichtversicherte, freiwillig Versicherte und Familienversicherte.
Wichtiger Hinweis
Beachten Sie, dass die Krankenversicherung als Pflichtversicherung kraft Gesetzes entsteht und deshalb nicht durch Abreden vermieden bzw. ausgeschlossen werden kann.
Pflichtversichert in der GKV sind grundsätzlich alle Arbeitnehmer, deren Bruttoarbeitsentgelt die aktuelle Versicherungspflichtgrenze (Jahresarbeitsentgeltgrenze) nicht übersteigt. Die Versicherungspflicht wird in § 5 SGB V geregelt. Danach besteht Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung für:
- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Verdienst aus der Beschäftigung mehr als 400 € monatlich beträgt, aber die aktuelle Versicherungspflichtgrenze (Jahresarbeitsentgeltgrenze) nicht übersteigt
- Auszubildende und Studierende sowie Praktikantinnen und Praktikanten, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten
- Rentnerinnen und Rentner, sofern bestimmte Vorversicherungszeiten erfüllt sind
- Bezieher von Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld II oder Unterhaltsgeld nach dem SGB III
- land- und forstwirtschaftliche Unternehmer und ihre mitarbeitenden Familienangehörigen sowie Altenteiler in der Landwirtschaft
- Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherung)
- Personen ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall, die zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen sind.
Von der Pflichtversicherung in die freiwillige Versicherung
Alle Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung können sich nach dem Ende der Versicherungspflicht freiwillig weiter versichern. Diese Personen werden also nicht kraft Gesetzes versichert, sondern müssen sich selbst um ihren Krankenversicherungsschutz kümmern. Dies gilt vor allem für Personen, die aus einer Pflichtversicherung oder Familienversicherung ausgeschieden sind. Damit eine freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, die in § 9 SGB V geregelt sind.
Das sind die Voraussetzungen der freiwilligen Versicherung
Eine freiwillige Weiterversicherung in der GKV ist in der Regel nur für Personen möglich, die bereits unmittelbar vorher der GKV angehört haben. Wer daher aus der Pflichtversicherung oder der Familienversicherung ausscheidet, kann sich freiwillig versichern, wenn er unmittelbar vorher ununterbrochen mindestens zwölf Monate oder in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden insgesamt mindestens 24 Monate versichert war. Eine freiwillige Weiterversicherung in der Krankenkasse ist möglich für
- Personen, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausscheiden
- Personen, deren Familienversicherung erlischt
- Personen, deren Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt
- Schwerbehinderte, wenn sie, ein Elternteil oder ihr Ehegatte in den letzten fünf Jahren vor dem Beitritt mindestens drei Jahre versichert waren. Die Satzung der Krankenkasse kann das Recht zum Beitritt von einer Altersgrenze abhängig machen,
- Arbeitnehmer, deren Mitgliedschaft durch Beschäftigung im Ausland endete, wenn sie innerhalb von zwei Monaten nach Rückkehr in das Inland wieder eine Beschäftigung aufnehmen.
- Freiwillige Mitglieder, die noch bei einer anderen gesetzlichen Krankenkasse versichert sind
Praxis-Tipp
Der Beitritt muss in Schriftform erfolgen und ist der Krankenkasse innerhalb von drei Monaten nach Ende der Mitgliedschaft anzuzeigen. Wer freiwillig Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben möchte, obwohl die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, muss dies innerhalb von drei Monaten seiner gesetzlichen Krankenkasse mitteilen. Ansonsten erlischt der Anspruch auf Mitgliedschaft.
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