Brutto oder netto? Arbeitgeber schuldet grundsätzlich Bruttobetrag
Brutto statt netto: Arbeitgeber muss Mitarbeitern grundsätzlich Bruttobeträge zahlen
Arbeitgeber schulden ihren Arbeitnehmern nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz grundsätzlich Brutto- und nicht Nettobeträge. Einem Mitarbeiter muss nach Auffassung der Arbeitsrichter deshalb bewusst sein, dass von den Zahlungen, die er mit dem Arbeitgeber vereinbart, immer noch der Steueranteil abgerechnet werden muss.
Der Fall aus der Praxis
Eine Arbeitnehmerin schloss mit ihrem Arbeitgeber einen Auflösungsvertrag, in dem sich die Parteien darauf einigten, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aus krankheitsbedingten Gründen zu beenden. Gleichzeitig vereinbarten sie eine Kompensationszahlung für den Fall, dass die Bundesagentur für Arbeit (BA) eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld feststellt. Dieser Fall trat dann auch ein. Nachdem der Arbeitgeber die Kompensationszahlung abzüglich der Steuern an die ehemalige Mitarbeiterin überwiesen hatte, kam es zwischen den Parteien zum Streit über die Frage, ob der Betrag brutto oder netto vereinbart war. Die Arbeitnehmerin behauptete, sie habe mit dem Arbeitgeber eine Nettozahlung vereinbart. Die vereinbarte Kompensation für den Fall des Eintritts einer Sperrfrist habe keinen Vergütungscharakter, vielmehr habe sich der Arbeitgeber verpflichtet, einen Nachteil auszugleichen. Ihr Nachteil sei der Verlust des steuerfreien Arbeitslosengeldes durch den Eintritt der Sperrzeit. Bei der vereinbarten Kompensation handele es sich nicht um Arbeitslohn, sondern um Ersatz des Schadens, der ihr dadurch entstanden sei, dass sich der Arbeitgeber geweigert habe, eine Kündigung auszusprechen, weshalb in der Konsequenz eine Sperrzeit eingetreten sei. Schadenersatzrenten seien nicht steuerbar. Die ehemalige Mitarbeiterin erhob Klage.
Das sagt das Gericht
Ohne Erfolg. Das Gericht gab dem Arbeitgeber recht. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts schulde der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer grundsätzlich Bruttobeträge. Der Arbeitnehmer müsse daher grundsätzlich steuerlich berechtigte Abzüge hinnehmen. Etwas anderes gelte nur, wenn es sich aus den arbeitsvertraglichen Regelungen ergebe, denn das Steuerrecht sage nichts darüber aus, welche Partei des Arbeitsverhältnisses zivilrechtlich verpflichtet sei, die Steuer wirtschaftlich zu tragen. Ob ein Nettoentgelt zu zahlen sei, müsse durch Auslegung der maßgeblichen Regelungen ermittelt werden. Nettolohnvereinbarungen seien nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Sie müssten einen entsprechenden Willen klar erkennen lassen. Das Fehlen des Wortes "brutto" bei der Begründung einer Zahlungspflicht bedeute nicht, dass eine Nettozahlungsschuld begründet worden sei. Aus dem Begriff Kompensation folge kein Anspruch auf eine Nettozahlung. Verpflichte sich der Arbeitgeber zur Kompensation bestimmter finanzieller Nachteile, sei nichts darüber gesagt, wer von beiden - Arbeitnehmer oder Arbeitgeber - wirtschaftlich betrachtet die Steuer zu tragen habe, wenn der Kompensationsbetrag steuerpflichtig sei (LAG Rheinland Pfalz, Urteil vom 30.06.2011, Az.: 10 Sa 124/11).
Netto ist ein Teil von brutto - So unterscheiden Sie brutto und netto
„Brutto“ stammt aus dem Italienischen für „hässlich“ und bedeutet mit Verpackung, vor Abzug der Kosten. Seinen Ursprung hat das Wort aber im lateinischen Begriff „brutus“ für „schwerfällig“, „unrein“.
„Netto“ stammt auch aus dem Italienischen und bedeutet „rein“, „ohne Verpackung“, „ohne das Hinzurechnen von Kosten“.
Als Faustformel einfach zu merken ist: Netto ist ein Teil von Brutto und die Differenz zu Brutto ist Tara.
Wichtiger Hinweis
Der Bruttolohn (auch Bruttogehalt oder Bruttoarbeitsentgelt genannt) wurde noch nicht um Steuern oder Sozialabgaben vermindert (brutto = netto + Steuern + Sozialabgaben-Arbeitnehmeranteil). Beim Bruttolohn handelt es sich also um den gesamten arbeitsvertraglich vereinbarten Entgeltbetrag.
Nach Abzug von Steuern und Sozialbeiträgen ergibt sich der Nettolohn (auch Nettogehalt oder Nettoarbeitsentgelt genannt), den der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer ausbezahlt und Letzterem somit zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes zur Verfügung steht. Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, die entsprechenden Beträge einzubehalten und an die zuständigen Stellen abzuführen:
An das Finanzamt abzuführende Abgaben (Steuern):
- Lohnsteuer
- Solidaritätszuschlag
- Kirchensteuer
Sozialversicherungsbeiträge:
- Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung
- Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung
- Beitrag zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung
- Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung
Der Arbeitgeber hat zusätzlich zum Bruttolohn noch die Arbeitgeberanteile zu den Sozialabgaben zu leisten. Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung muss der Arbeitgeber allein tragen.
Nettolohnvereinbarung ist zulässig
Der Arbeitgeber schuldet dem Arbeitnehmer also grundsätzlich einen Bruttolohn. Die Arbeitsvertragsparteien können aber auch eine Nettolohnvereinbarung treffen. Eine Nettolohnvereinbarung liegt vor, wenn der Arbeitgeber laut Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag verpflichtet ist, außer dem mit dem Arbeitnehmer vereinbarten Nettolohn auch die darauf entfallende Lohnsteuer sowie sonstige Annexsteuern, z. B. Kirchensteuer, Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zu tragen.
Praxis-Tipp
Die vom Arbeitgeber übernommenen Beträge müssen dem Nettolohn zur Ermittlung der Steuer zugerechnet werden. Dabei wird die Lohnsteuer wie üblich wieder aus der Höhe des Bruttoarbeitslohnes errechnet, der infolge den nach Abzug der Lohnsteuer ausgezahlten Nettolohn ausmacht. Die erforderliche Lohnsteuer wird vom Arbeitgeber an das Finanzamt abgeführt.
Nettolohnvereinbarung ändert nichts an der Steuerpflichtigkeit des Arbeitsentgelts
Beachten Sie, dass die Verpflichtung des Arbeitgebers aus der Nettolohnvereinbarung nur das Innenverhältnis berührt, sodass der Arbeitnehmer selbst Schuldner der Steuern bzw. Beiträge bleibt. Die Übernahme der Steuern bzw. Beitragslasten gilt für den Arbeitnehmer als zusätzlich zu seinem Nettogehalt gezahlter Arbeitslohn.
Wichtiger Hinweis
Als steuerpflichtiger Bruttoarbeitslohn gilt hier die Summe aus ausgezahltem Nettolohn und den vom Arbeitgeber übernommenen Steuern bzw. Arbeitnehmeranteilen am Gesamtsozialversicherungsbeitrag.
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