Präsentationen: 4 Gerüchte, von denen Sie sich sofort trennen sollten
In Präsentationen überzeugen – mit pointierten Inhalten und einer gehirnfreundlichen Aufbereitung
Nur sieben Prozent der Kommunikation gehen auf das Konto des gesprochenen Wortes, heißt es. Demnach ist das, was ein Referent in seiner Präsentation sagt, weitgehend unwichtig. Viel mehr kommt es auf die Stimme, den Gesichtsausdruck und die gesamte Körpersprache an.
Oder nicht?
Bitte glauben Sie den Unsinn nicht! Im Internet sind zahllose Gerüchte und Halbwahrheiten unterwegs. Die Informationen zu Präsentationen machen da keine Ausnahme. Räumen Sie mit den vier schlimmsten Irrtümern am besten jetzt auf, damit sie Sie bei nächster Gelegenheit nicht auf die falsche Fährte führen.
Gerücht Nr 1: Das gesprochene Wort - Nebensache
Nach der „Sieben-Prozent-Regel“ wird die Bedeutung einer gesprochenen Botschaft zu 7 Prozent durch Wörter kommuniziert, zu 38 Prozent durch die Stimme und zu 55 Prozent durch Mimik und Gestik. 93 Prozent der Kommunikation sind demnach nonverbal.
Das ist schlicht Quatsch!
Die Zahlen gehen auf eine Untersuchung des Psychologen Albert Mehrabian zurück. Er wollte wissen, wie Menschen mehrdeutige Botschaften interpretieren. Sagt jemand zum Beispiel: „Schön Sie zu sehen“, dann weiß der Angesprochene, dass die Aussage eine reine Höflichkeitsformel sein kann. Die wahre Botschaft sucht er deshalb in Stimme und Mimik seines Gegenübers. In einem solchen Fall - und nur dann - hat die nonverbale Kommunikation einen derart hohen Anteil.
Mehrabian hat die falsche Deutung seiner Untersuchung mit Bestürzung verfolgt und sich mehrfach gegen sie gewehrt – vergebens. Bis heute zieht die „Sieben-Prozent-Regel“ ihre Kreise. Wenn Sie sich selbst überzeugen wollen, empfehle ich Ihnen ein Radio-Interview mit Mehrabian (BBC Radio 4, Sendung „More Or Less“ vom 14. August 2009, ab Minute 23).
Gerücht Nr. 2: Mehr überzeugt mehr als weniger
Ich erinnere mich an eine Präsentation, die vom Referenten offensichtlich mit viel Sorgfalt und Aufwand produziert wurde. Sie glich einem Feuerwerk an Videos, Fotos, Text und Soundeffekten. Die Vorführung dauerte 90 Minuten. Anschließend waren wir Zuschauer alle ein bisschen blass um die Nase.
Warum? Versetzen Sie sich in die Lage des Publikums: Die Inhalte waren für uns neu. Zugleich waren wir einer Fülle von zusätzlichen Informationen und Reizen ausgesetzt: das Husten des Nachbarn, die schlechte Luft, die Art wie der Referent sprach, wie er gekleidet war, und und und.
Der Fachbegriff „cognitive load“ erklärt sich in diesem Zusammenhang fast von selbst: Die Zuschauer sind gefordert – und oftmals überfordert – die Informationsfülle aufzunehmen und zu verarbeiten.
Haben Sie Mitgefühl mit Ihrem Publikum! Mit einer klaren, deutlichen und reduzierten Präsentation fahren Sie auf jeden Fall besser.
Gerücht Nr. 3: Von einer einfachen Darstellung fühlen sich die Zuschauer hochgenommen
Wie einfach darf eine Präsentation sein? In einer anderen Spielart des „zu Viel“ geht es um die Aufbereitung des Inhalts. Referenten sind häufig besorgt, sich mit einer einfachen Darstellung lächerlich zu machen, besonders wenn sie ein Fachpublikum überzeugen wollen: „Ich habe es doch nicht mit einem Kindergarten zu tun!“
Müssen sich – zugespitzt gefragt – Referenten möglichst gelehrt geben und vor allem viele Details liefern?
Eine Antwort gibt der Psychologe John Sweller mit seiner Theorie der kognitiven Belastung beim Lernen. Er unterscheidet zwei Hauptarten:
- Die intrinsische kognitive Belastung beschreibt die Anstrengung des Gehirns, die durch die Komplexität oder den Schwierigkeitsgrad eines Lernstoffs entsteht.
- Die extrinsische kognitive Belastung bezieht sich auf die Aufbereitung und den Zugang zum Lernstoff.
Durch diese Unterscheidung wird eines deutlich: Der Inhalt und seine Aufbereitung sind zweierlei. Ein anspruchsvolles Thema ist und bleibt anspruchsvoll. Deshalb dürfen Sie Ihrem Publikum den Weg zu Ihrem Thema mit einer einfachen Darstellung ebnen.
Sie sind noch nicht überzeugt? Dann machen Sie doch einmal den Test, wo Ihre Grenzen liegen:
„Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Sollte man ihn nicht unergründlich nennen? Dies nämlich dann sogar und vielleicht eben dann, wenn nur und allein das Menschenwesen es ist, dessen Vergangenheit in Rede und Frage steht: dies Rätselwesen, das unser eigenes natürlich-lusthaftes und übernatürlich-elendes Dasein in sich schließt und dessen Geheimnis sehr begreiflicherweise das A und das O all unseres Redens und Fragens bildet, allem Reden Bedrängtheit und Feuer, allem Fragen seine Inständigkeit verleiht.“ (Aus: Thomas Mann, Joseph und seine Brüder).
Sie müssen den Absatz noch einmal lesen, um ihn zu verstehen, stimmt's? Doch keine Sorge: Der Fehler liegt nicht bei Ihnen. Thomas Mann hat mit seinem 61-Worte-Satz die Aufnahmekapazität seiner Leser völlig überstrapaziert. Sie sind in bester Gesellschaft: Das menschliche Arbeitsgedächtnis schafft das einfach nicht.
Haben Sie also keine Angst, Ihr Thema zu vereinfachen und auf den Punkt zu bringen. Wirklich schlaue Menschen erkennen und schätzen die Leistung, die in der Vereinfachung liegt.
Gerücht Nr. 4: Intelligente Menschen brauchen keine Bildchen
Eine besondere Form der Langeweile entsteht, wenn die Präsentationsfolien voll von Text sind. Angesichts der Bleiwüste auf den Folien passiert in den Köpfen des Publikums folgendes:
Das Sprachzentrum im Gehirn beginnt die Verarbeitung und Dekodierung der Buchstaben und muss gleichzeitig dem gesprochenen Redetext folgen. Derweil hat das visuelle Zentrum nichts zu tun.
In einem solchen Moment ist das Gehirn zugleich überfordert und gelangweilt. Rechnen Sie besser nicht mit seiner Gutwilligkeit: Das Gehirn ist faul. Deshalb sucht es stets den Weg des geringsten Widerstands und der Mensch schweift mit seinen Gedanken ab.
Für Ihre Präsentation bedeutet das: Versuchen Sie beide Verarbeitungskanäle gleichzeitig zu fordern, ohne sie zu überfordern. Vermeiden Sie also Text auf den Folien. Setzen Sie stattdessen Bilder und grafische Darstellungen ein, denn sie sind eine wichtige Unterstützung des gesprochenen Redetextes.
Eine Präsentation entwerfen
Nachdem die schlimmsten Irrtümer aus dem Weg geräumt sind, bleibt die Frage, wie Sie zu einer fokussierten, inhaltlich zugespitzten Präsentation kommen. Bitte überlegen Sie sich zur Vorbereitung:
√ Wer ist das Publikum?
- Haben Sie es mit Fachleuten oder Quereinsteigern zu tun?
Fachkollegen können Sie inhaltlich an einer anderen Stelle abholen als Zuhörer fremder Fachbereiche. Ihre Zuhörerschaft entscheidet darüber, ob Sie das Thema einkreisen sollten oder direkt einsteigen können. Eventuell können Sie es sich sparen, Abkürzungen zu erklären, obwohl es immer höflicher ist, dies zu tun. - Erwarten Sie in Ihrem Publikum Freunde oder Kritiker?
Eine andere Frage ist, ob die Zuhörer Menschen sind, die Sie kennen und die Ihnen wohlgesonnen sind, oder ob Sie es mit abweichenden Auffassungen oder gar mit Ablehnung zu tun bekommen. Auf Einwände können Sie sich vorbereiten. Bei einem kritischen Publikum ist es besser, die präsentierten Fakten doppelt zu prüfen.
√ Was ist Ihr Ziel?
- Ob Verkauf, Zustimmung für eine Entscheidung, Auftrag oder Unterhaltung oder was auch immer Sie vorhaben: Formulieren Sie Ihr Ziel. Machen Sie sich deutlich, was Sie mir Ihrer Präsentation oder mit Ihrem Vortrag bewirken wollen und bauen Sie Ihre Präsentation mit den passenden Argumenten auf.
√ Was ist Ihre Botschaft?
- Was soll im Gedächtnis Ihrer Zuhörer hängen bleiben: Bitte legen Sie die drei wichtigsten Aussagen fest. Drei ist die Obergrenze: Wenn Sie nur eine Botschaft haben, umso besser.
- Konzentrieren Sie sich auf das, was wirklich wichtig ist und üben sich in der Kunst des Weglassens. Dies ist eine Dienstleistung am Publikum. Die Details bekommen ihren Platz in der Fragerunde.
√ Was ist der Nutzen?
- Welche Story wollen Sie erzählen? Entwickeln Sie einen Plot und achten darauf, dass sich alle Details auf das Ziel richten.
- Bitte überlegen Sie sich, welchen Nutzen Ihr Vortrag für Ihre Zuhörer hat: Was ist für Ihr Publikum wirklich relevant:
- die Information
- Spaß und Unterhaltung
- der „Wow-Effekt“
- die Information
- eine Entscheidungsgrundlage
- eine Handlungsempfehlung
- oder ….
√ Trauen Sie sich
- Viel zu häufig flüchten sich Referenten in PowerPoint-Präsentationen „weil man es so macht“. Das Publikum reagiert jedoch auf das Neue und Ungewöhnliche. PowerPoint ist eine Möglichkeit, aber kein Muss.
Einen Kunden habe ich einmal dafür gewonnen, einen laufenden Change Prozess in seinem Unternehmen als einen Weg mit drei Stationen zu präsentieren: Change, Chaos, Chance. Diesen Weg ist er auf der Bühne tatsächlich gegangen, die drei Stationen wurden mit Schildern gekennzeichnet. Das haben die Zuhörer und Zuschauer verstanden und behalten.
Die kreative Umsetzung setzt Ihrem Vortrag oder Ihrer Präsentation mit Sicherheit ein Glanzlicht auf. Bedenken Sie jedoch bitte, dass die schönste Verpackung nichts nützt, wenn der Inhalt nicht stimmt. Sorgen Sie also für Passgenauigkeit bei Ihren Zuhörern, für die Dramaturgie und die Zuspitzung.
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