Führungskompetenzen entwickeln - durch neue Lernorte und Lernformate
Klassische Konzepte zur Führungskräfteentwicklung versagen
Traditionelle Führungskräfteentwicklung zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Trainingsmaßnahmen durch Präsenzseminare vom Ort des Geschehens ausgelagert werden. Diese Schulungen orientieren sich meist nicht am individuellen Bedarf der Führungskraft, noch richten sie sich nach der strategischen Notwendigkeit des Unternehmens aus. Mit diesen standardisierten Angeboten wird der Versuch unternommen, Wissen einzutrichtern und auf Vorrat anzuhäufen.
Was aber meist nicht gelingt! Denn es werden weder unterschiedliche Lerngewohnheiten noch ungleiche Lerngeschwindigkeiten in den Trainingsmethoden berücksichtigt. Und durch punktuelle Seminare ist der Erwerb von nachhaltigen Führungskompetenzen kaum möglich. Deshalb stehen Unternehmen immer wieder vor der Frage: Weshalb kommt so wenig von der gelernten Theorie in der Führungspraxis an? Wie gelingt der Transfer?
Erfolgreiche Führungskräfteentwicklung fördert die Kompetenzentwicklung
Um die unternehmerischen Herausforderungen der Zukunft meistern zu können, reicht diese Form der Führungskräfteentwicklung nicht mehr aus!
Zukünftiges betriebliches Lernen muss sich an der Kompetenzentwicklung orientieren. Damit sind Fähigkeiten gemeint, die dazu verhelfen, die Problemstellungen des Berufsalltags direkt zu lösen. Weil diese Kompetenzen nicht als Wissen „eintrichterbar“ sind, sondern von jeder Person in einem „Aneignungsprozess“ verinnerlicht werden müssen, sollte sich das Lernfeld auf den Arbeitsprozess, auf den Ort der Problemstellungen selbst, konzentrieren und zu einer Kombination von Arbeit und Lernen führen.
Für die Führungskräfte bedeutet dies, sie sollten Fähigkeiten entwickeln, die ihnen souveränes Handeln und Problemlösen in allen Führungssituationen ermöglicht. Dies gelingt am besten durch „Learning on the job“ - in kombinierten Lernprozessen von Wissensaufbau, Erfahrungsaustausch und Ausprobieren von neuen Handlungsoptionen.
Lernen am Arbeitsplatz bietet neue Chancen
Auch aus Unternehmersicht bringt ein Führungskräftetraining am „Workplace“ viele Vorteile:
- Die Anwesenheit vor Ort ist gesichert.
- Die Kosten für externe Weiterbildung werden geringer.
- Die Weiterbildung erfolgt bedarfsgerecht und nicht auf Vorrat.
- Das betriebliche Lernen kann als längerfristiger Lernprozess gestaltet werden.
- Das interne Wissen wird genutzt, ausgetauscht und vergrößert.
- Problemstellungen am Arbeitsplatz werden gelöst
- Moderne Technologien, wie sie von den Führungskräften auch in der Freizeit genutzt werden, können eingesetzt werden.
Zudem verändert sich die Lernlandschaft durch starke gesellschaftliche Trends:
- Die Lernenden wollen selber bestimmen, wo, wann, wie und was sie lernen.
- Sie wollen bei Bedarf rasch auf bereitgestelltes, frei zugängliches Wissen zugreifen können.
- Alle mobilen Geräte sollen fürs Lernen genutzt werden können.
- Kooperation und Kollaboration sind fürs Lernen wichtig: Wissen wird geteilt und ausgetauscht; Communities werden gebildet, formelles und informelles Lernen genutzt.
Für das zukünftige Training von Führungskräften bedeutet dies: Bildung muss individuell und bedarfsgerecht angeboten werden, überall und jederzeit verfügbar sein, häppchenweise und nebenbei abgerufen werden können, selbstorganisiert und selbstgesteuert erfolgen, sozial genutzt werden.
Lernen für Führungskräfte wird damit bedarfsgerechter, effizienter, hoffentlich auch spannender und vor allem kommunikativer. Und das Problem des Transfers in die Führungspraxis entfällt, weil durch dieses Lernformat am Arbeitsplatz Theorie und Praxis verknüpft werden.
Veränderte Rollen in der Führungskräfteentwicklung
Durch die Anpassung der Führungskräfteentwicklung an den Lernort „Arbeitsfeld“ verändern sich auch die Rollen:
- Die Führungskräfte werden zu aktiv Handelnden im Lernprozess: Sie lernen selbstorganisiert sowie nach Bedarf und Ziel. Sie erproben ihre Kenntnisse an konkreten Führungssituationen, reflektieren ihre Erfahrungen mit Kollegen oder Sparringspartner und wenden neue Handlungsoptionen an.
- Das Unternehmen wird zum “Lernermöglicher” und stellt die entsprechenden Rahmenbedingungen bereit (z.B. durch Mentoring, Lernplattform, zeitliche Ressourcen).
- Der Trainer wird zum Lernprozessbegleiter: Er unterstützt mit passgenauen Inputs, integriert Coachingelemente, regt zur Reflexion und zur Bildung von Lern- und Austauschgruppen an, stärkt die Kommunikation.
Blended Learning – ein integratives Lernformat
Um sowohl die Anforderungen an betriebliche Lernorte wie an die Lerntrends zu erfüllen, eignet sich in besonderer Weise das Lernformat „Blended Learning“: eine Kombination von Online-Lernen und Präsenzangebot. Die Vorteile liegen vor allem darin, die Effektivität von multimedialen Lernformen mit der Präsenz-Kommunikation zusammenzubringen.
Wenn es im Unternehmen gelingt, ein Blended Learning-Konzept zu einer klar umrissenen Aufgabenstellung als betriebliche Weiterbildung zu installieren, dann eröffnen sich große Lernchancen zur Kompetenzentwicklung. Die Konzeption solcher Lernsysteme lässt sich allerdings nicht „en passant“ entwerfen: Sie muss didaktisch gut durchdacht werden, um das Ziel zu erreichen.
Blended Learning verbindet formelles und informelles Lernen
Nachfolgender Aufbau eines Blended Learning-Trainingsdesigns hat sich zur Kompetenzentwicklung bewährt:
Nach dem Trainingsstart, der je nach Unternehmen virtuell oder vor Ort organisiert ist, beginnt eine längere Online-Selbstlernphase, in welcher der Trainer mit multimedialen Modulen für den notwendigen Wissensinput sorgt und Strukturierungshilfe für das individuelle Lernen gibt. Das Erarbeiten dieser kleinen Einheiten steuert der Lernende auf der Basis von Zielen und Aufgaben im Berufsalltag selbstbestimmt – in seinem eigenen Lerntempo und mit beliebigen Wiederholungssequenzen. Die Lektionen oder Module werden jeweils mit einer Art von Kontrollfragen beendet - z.B. mit Reflexionsfragen: Wo stehe ich im Vergleich mit dem Gelernten? Worauf sollte ich achten? Was könnte ich besser machen? Wie will ich mich verhalten?
In einem an diesen Zeitraum anschließenden Präsenzworkshop bringen die Lernenden offene Fragen zu bisherigen Erfahrungen ein und erarbeiten für ihre „Fälle“ Lösungen - gemeinsam in Kleingruppen. Wissen und Erfahrungen werden vertieft und erweitert. Da sich die Lernenden durch die vorgelagerte Selbstlernphase gut vorbereitet zum Workshop treffen, kann dieser in deutlich kürzerer Zeit (z.B. 1,5 Tage) als ein klassisches Präsenzseminar durchgeführt werden.
In der Umsetzungsphase steht die Wissensverarbeitung im Arbeitsleben im Vordergrund. Dabei unterstützen und bestärken sich die Lernenden gegenseitig - überwiegend als Tandem oder Peer-Community organisiert. Die Kompetenzen werden durch direkte Problemlösungen weiter ausgebaut.
Blended Learning fördert die Lernmotivation
Der besondere Charme von Blended Learning Konzepten liegt vor allem in den Möglichkeiten, formelles (z.B. Lektionen) und informelles (z.B. Community) Lernen zu kombinieren. Dadurch erhöht sich die Chance für die Wirksamkeit von betrieblichen Lernprozessen erheblich: Das erworbene Wissen und die Fähigkeiten werden direkt im Unternehmen nutzbar gemacht!
Und nicht zu vergessen ist der Einfluss auf die Lernmotivation: Diese wird nochmals verstärkt, wenn der Lernende feststellt, dass seine Kompetenzen Wirkung zeigen und sein Handeln dazu beiträgt, die Situationen und Aufgaben gut zu lösen!
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