Fort- und Weiterbildungskosten: Nicht jede Rückzahlungsvereinbarung hält, was sie verspricht
Eine permanente Fortbildung der Mitarbeiter ist für Sie als Arbeitgeber notwendig, um dauerhaft auf dem Markt erfolgreich zu sein. Scheidet Ihr Mitarbeiter später aus, entbrennt oft ein Streit um die entstandenen Kosten. Viele Rückzahlungsvereinbarungen erweisen sich dann vor Gericht als unwirksam.
Der Fall aus der Praxis
Ein Arbeitnehmer nahm auf Betreiben seines Arbeitgebers ein einer umfangreichen Fortbildung teil, die zu seiner Anerkennung als Sachverständiger führte. Die Parteien hatten eine Vereinbarung geschlossen, wonach der Arbeitnehmer die Fortbildungskosten zurückzahlen sollte, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf von 24 Monaten nach Ende der Fortbildung beendet werde. Für jeden Monat des Bestands des Arbeitsverhältnisses nach Fortbildungsende sollte 1/24 der Kosten erlassen werden. Als der Arbeitnehmer 1 Jahr nachdem Ende der Fortbildung kündigte, verlangte der Arbeitgeber anteilig die Kosten.
Das sagt der Richter
Seine Klage war erfolglos. Die Rückzahlungsvereinbarung sei unangemessen, weil diese die Rückzahlungsverpflichtung für jeden Fall der vorzeitigen Beendigung enthalte. Sie differenziere nicht, aus welchem Grund die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeigeführt werde und sei daher insgesamt unwirksam. (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.04.2006, Az.: 9 AZR 610/05).
Das bedeutet die Entscheidung
Grundsätzlich sind Rückzahlungsvereinbarungen zulässig, nur bestimmte Regeln müssen beachtet werden.
1. Eine Rückzahlung kommt überhaupt nur dann in Betracht, wenn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Rückzahlungsvereinbarung getroffen wurde. Schriftform ist nicht erforderlich, ist aber dringend zu empfehlen.
2. Nach der Rechtsprechung ist eine Rückzahlungsvereinbarung dem Grunde nach aber nur dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer durch die bei der Fortbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten einen geldwerten Vorteil erzielt, indem er auch außerhalb des Unternehmens zu einem beruflichen Aufstieg verwerten kann. Hat allein der Arbeitgeber einen Nutzen von der Fortbildung, scheidet eine Rückzahlung generell aus.
3. Ist die Rückzahlungsvereinbarung grundsätzlich zulässig, ist zu überprüfen, ob sie auch angemessen ausgestaltet wurde. Anerkannt ist, dass die Rückzahlung an eine gewisse Betriebszugehörigkeit nach Fortbildungsende geknüpft werden kann. Verlässt der Arbeitnehmer das Unternehmen vor Ablauf eines bestimmten Zeitraums, tritt die Rückzahlungsverpflichtung ein. Allerdings darf die Bindungsdauer nicht zu lang sein, da ansonsten das Grundrecht des Arbeitnehmers auf freie Arbeitsplatzwahl eingeschränkt würde. Bei der Beurteilung dieser Frage wird häufig auf die Fortbildungsdauer abgestellt.
Richtwerte zum Download
Die Richtwerte der Rechtsprechung finden Sie hier.
Üblich ist in diesem Zusammenhang, dass pro vollendeten Monat der Betriebszugehörigkeit nach Fortbildungsende ein gewisser Anteil an der Rückzahlung erlassen wird.
4. Außerdem hängt die Angemessenheit der Rückzahlungsklausel davon ab, ob diese nach dem Grund der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses differenziert. Eine Rückzahlungsklausel ist nämlich dann unangemessen, wenn der Grund für die Beendigung im Verantwortungs- und Risikobereich des Arbeitgebers liegt, wie z.B. bei einer betriebsbedingten Kündigung.
Expertenrat
Wurde die Klausel hier zu weit gefasst, ist sie insgesamt unwirksam - auch wenn die Kündigung nicht durch Sie als Arbeitgeber, sondern vom Arbeitnehmer selbst ausgesprochen wurde.
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