Al-Qaida-Hilfe während Sabbatical: Autobauer muss verurteilten Terrorhelfer nicht weiterbeschäftigen
Autobauer muss verurteilten Terrorhelfer der Al-Qaida nicht wieder einstellen
Ein ehemaliger Mitarbeiter der Daimler AG hatte sich während seines Sabbaticals nachweislich als Terrorhelfer betätigt, indem er militärische Ausrüstung und finanzielle Mittel für das islamistische Terrornetzwerk Al-Qaida besorgte. Er wurde überführt und zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Nach seiner Haft pochte er auf die ihm von der Daimler AG im Rahmen des Sabbaticals erteilte Wiedereinstellungszusage. Als sich der Autobauer weigerte, den verurteilten Terrorhelfer wieder einzustellen, kam es zum Rechtsstreit. Vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg haben sich die Parteien nun auf einen Vergleich mit dem Inhalt geeinigt, dass der Ex-Mitarbeiter seine erhobene Wiedereinstellungsklage zurückzieht und der Autobauer im Gegenzug die anfallenden Gerichtskosten bezahlt.
Der Fall
Ein Arbeitnehmer war seit 1993 als Lackierer bei der Daimler AG in einem Mercedes-Werk als Lackierer beschäftigt. Anfang November 2007 schlossen die Parteien eine „Sabbatical-Vereinbarung“, aufgrund derer der Beschäftigte zum 30.11.2007 ausschied. Die „Sabbatical-Vereinbarung“ enthielt eine Wiedereinstellungszusage bis zum 30.11.2010. Die Daimler AG verpflichtete sich im Rahmen dieser Zusage, dem Arbeitnehmer seinen alten Arbeitsplatz oder einen vergleichbaren Arbeitsplatz gegebenenfalls in zumutbarer Entfernung anzubieten, wenn der Beschäftigte dies bis 31.05.2010 geltend macht. Der Lackierer arbeitete von Dezember 2007 bis Ende Januar 2009 am Standort Malaysia der Daimler AG. Bei der Einreise aus Malaysia im Februar 2009 wurde er verhaftet und befand sich bis zum 19.07.2010 in Untersuchungshaft. Am selben Tag verurteilte ihn das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (Al-Qaida) im Ausland. Das Gericht hat es als erwiesen angesehen, dass der Beschäftigte im Jahr 2006 einem Kurier der Al-Qaida insgesamt 22 Entfernungsmessgeräte, drei Frequenzmesser, zwei Metalldetektoren, ein Richtmikrofon, zwei Wanzendetektoren, drei Nachtsichtgeräte und 300 € in bar übergeben hat.
Nachdem er seine Haftstrafe verbüßt hatte, verlangte der Arbeitnehmer seine Wiedereinstellung. Die Daimler AG verweigerte ihm jedoch ein Arbeitsplatzangebot und widerrief vorsorglich ihre Wiedereinstellungszusage. Sie war der Meinung, sie mache sich strafbar, wenn sie dem Beschäftigten ein Arbeitsplatzangebot unterbreite. Sie würde damit gegen die Verordnungen des Rates der Europäischen Union, die zur Terrorismusbekämpfung erlassen worden seien, verstoßen. Außerdem stelle der Lackierer eine Gefahr für die Belegschaft, den Betriebsfrieden und die Betriebsmittel dar.
Der Beschäftigte trug vor, er halte die EU-Verordnungen für europarechts- und verfassungswidrig. Er verwies darauf, dass er in den Verordnungen nicht aufgeführt sei. Von ihm gehe keine Gefahr aus. Er habe dem Terrorismus abgeschworen. Er habe im Mercedes-Werk in keinem sicherheitsrelevanten Bereich gearbeitet.
Das sagt das Gericht
Das Gericht hat die Daimler AG zur Erteilung einer Wiedereinstellungszusage verurteilt und die Klage auf Beschäftigung abgewiesen. Die Gefahr einer Strafbarkeit der Daimler AG bestehe nicht, weil die Tatbestandsvoraussetzungen der EU-Verordnungen nicht erfüllt seien. Die von der Arbeitgeberin beschriebene vom Beschäftigten ausgehende Sicherheitsgefahr sei nicht nachvollziehbar.
Die Daimler AG ging daraufhin in Berufung und beantragte vollständige Klageabweisung.
Vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg einigten sich die Prozessparteien schließlich auf einen Vergleich. Der Beschäftigte nahm seine Klage zurück und die Daimler AG als Arbeitgeberin trägt im Gegenzug die Gerichtskosten. Der Vorsitzende Richter hatte dem Arbeitnehmer während der mündlichen Verhandlung signalisiert, dass seine Klage auf Wiedereinstellung keine Aussicht auf Erfolg habe (LAG Baden-Württemberg, Vergleich vom 24.05.2012, Az.: 6 Sa 140/11).
Daimler-Anwälte hatten Vergleichsvorschlag zunächst abgelehnt
Die prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte der Daimler-Anwälte hatten den Vergleichsvorschlag des Gerichts zunächst abgelehnt, weil sie mit der klaren Aussicht auf den Gewinn des Prozesses in der zweiten Instanz neben den Gerichtskosten nicht auch noch die Anwaltskosten des Klägers übernehmen wollten, wie es das Gericht vorgeschlagen hatte. Dem Kläger drohte die Klageabweisung, die mit für ihn hohen Kosten verbunden gewesen wäre. Aus diesem Grund erklärte er sich dazu bereit, seine Anwaltskosten selbst zu tragen.
Wichtiger Hinweis
Ein gesetzlicher Anspruch auf ein Sabbatical existiert nicht. Sabbatical ist ein flexibles Arbeitszeitmodell. Es handelt sich um einen Langzeit- oder Sonderurlaub (in der Regel zwischen drei und zwölf Monaten) der zum Teil durch Ansparung von Urlaubsansprüchen möglich wird. Der Arbeitnehmer arbeitet in der Arbeitsphase eine Zeit lang (meist ein Jahr) in Vollzeit, erhält aber nur die Hälfte seines Gehalts. In der sich anschließenden Freizeitphase bekommt er weiterhin die (andere) Hälfte seines Gehalts.
Das Sabbatical dient den Arbeitnehmern in erster Linie der Befriedigung persönlicher Bedürfnisse, teilweise aber auch der beruflichen Weiterbildung. Es ermöglicht die Selbstverwirklichung, indem die Beschäftigten ihre Familie betreuen, neue Erfahrungen sammeln, Fortbildungen besuchen oder Fremdsprachenkenntnisse erwerben können.
Kein Sabbatical ohne Wiedereinstellungszusage
Beschäftigte haben einen Anspruch auf Wiedereinstellung, wenn sie das Arbeitsverhältnis einvernehmlich mit ihrem Arbeitgeber für die Dauer des Sabbaticals aufgehoben haben. Das Arbeitsverhältnis wird durch Aufhebungsvertrag vorübergehend beendet. Vorübergehend deshalb, weil der Aufhebungsvertrag zugleich eine Wiedereinstellungszusage des Arbeitgebers beinhaltet. Nach Beendigung des Sabbaticals gelten automatisch die vorherigen Arbeitsbedingungen.
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