Aussperrungen können nicht generell untersagt werden
Die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GdL) ist in aller Munde. Durch ihre Streikmaßnahmen legt sie bisweilen weite Teile des Berufsverkehrs lahm. Nun musste die Gewerkschaft vor Gericht eine Niederlage einstecken. Ihr Antrag auf Untersagung von Aussperrungen hatte keinen Erfolg.
Der Fall aus der Praxis
Die GdL beantragte gegen die Muttergesellschaft von ihr bestreikter Bahnunternehmen den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Ziel, der Muttergesellschaft jegliche Unterstützung und Beteiligung an Aussperrungsmaßnahmen ihrer Tochtergesellschaften zu untersagen. Während des letzten Streiks war es zu Aussperrungen von Lokomotivführern gekommen. Die Muttergesellschaft selbst beschäftigt keine Lokomotivführer.
Das sagt der Richter
Das Gericht wies den Antrag zurück. Die Gewerkschaft habe keinen Anspruch auf Erlass der beantragten Unterlassungsverfügung. Gewerkschaften könnten zwar grundsätzlich rechtswidrige Arbeitskampfmaßnahmen gerichtlich untersagen lassen. Die GdL habe jedoch nicht hinreichend vorgetragen, dass ihr Streikrecht durch die Muttergesellschaft in unzulässiger Weise beeinträchtigt worden sei. Zudem könnten Aussperrungen als bisher in der Rechtsprechung anerkanntes Arbeitskampfmittel nicht generell im Wege einer einstweiligen Verfügung untersagt werden (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.04.2011, Az.: 7 Ta 804/11).
Das bedeutet die Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gesteht den Arbeitgebern ein Recht zur Aussperrung nur als Antwort auf einen Streik zu. Voraussetzung ist, dass durch den Streik die „Solidarität im Arbeitgeberlager“ bedroht ist. Mit anderen Worten darf eine Aussperrung nur in dem Tarifgebiet erfolgen, in dem zum Streik aufgerufen wurde, sogenannte Abwehraussperrung.
Wichtiger Hinweis
Als Aussperrung wird die vorübergehende Freistellung von Arbeitnehmern von der Arbeitspflicht in einem Arbeitskampf unter Verweigerung der Zahlung des Arbeitsentgelts bezeichnet. Sie ist nach dem Ultima-Ratio-Prinzip als letztes Mittel zulässig, sofern alle anderen Möglichkeiten zur Erreichung des tariflichen Ziels des Arbeitgebers ausgeschöpft sind. Als Folge einer rechtmäßigen Aussperrung sind die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsvertrag suspendiert.
Aussperrung ist die stärkste Waffe des Arbeitgebers im Arbeitskampf
Die Aussperrung ist die typische Antwort der Arbeitgeberseite auf einen Streik und soll die Streikkosten für die Gewerkschaften in die Höhe treiben. Es wird dabei zwischen einer sogenannten kalten bzw. heißen Aussperrung unterschieden:
- Heiße Aussperrung bedeutet den vorübergehenden Ausschluss mehrerer Mitarbeiter von Beschäftigung und Entgeltzahlung, also eine Einstellung der Arbeit. Sie ist in der betrieblichen Praxis stets eine Abwehrmaßnahme auf einen Streik, wird in der Rechtsprechung aber schon seit langem anerkannt. Dabei wird die Aussperrung grundsätzlich nur im Rahmen der Kampfparität gewährt.
- Von einer kalten Aussperrung spricht man, wenn ein Arbeitgeber einen Betrieb ganz oder teilweise mit der Behauptung stilllegt, dass in einem Abnehmer- oder Zulieferbetrieb ein Arbeitskampf stattfindet und deshalb die Produktion im eigenen Unternehmen ausgesetzt werden muss. Für die Dauer der Stilllegung stellt der Arbeitgeber die Zahlung des Arbeitsentgelts ein.
- Kommentieren
- 6086 Aufrufe