Arbeitgeber muss trotz Betriebsaufgabe Arbeitszeugnis erstellen
Gericht setzt Anspruch auf Arbeitszeugnis mit der Festsetzung von Zwangsgeld durch
Ein Arbeitgeber muss auch nach der Betriebsaufgabe für jeden ausgeschiedenen Mitarbeiter auf Verlangen ein Arbeitszeugnis erstellen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, ist die Festsetzung von Zwangsgeld zulässig.
Der Fall aus der Praxis
Ein ehemaliger Mitarbeiter eines Betriebes hatte einen rechtskräftig festgestellten Anspruch auf Zeugniserteilung gegen seinen früheren Arbeitgeber. Dieser weigerte sich jedoch, das geforderte Arbeitszeugnis auszustellen. Er meinte, dass der Betrieb inzwischen geschlossen sei und er kein Firmenpapier mehr habe. Auf Antrag des Mitarbeiters hatte das zuständige Arbeitsgericht deshalb ein Zwangsgeld in Höhe von 500 € gegen den ehemaligen Arbeitgeber festgesetzt.
Das sagt das Gericht
Das LAG Rheinland-Pfalz bestätigte die Festsetzung des Zwangsgeldes. Die Zeugnispflicht bestehe auch dann noch, wenn der Betrieb inzwischen aufgegeben und der Mitarbeiter daher ausgeschieden sei. Die Verpflichtung zur Zeugniserteilung entfalle auch nicht deshalb, weil der Arbeitgeber angeblich über kein Geschäftspapier mehr verfüge. Zwar müsse ein Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) Zeugnisse grundsätzlich auf Geschäftspapier ausstellen (siehe unten). Sofern der Arbeitgeber entsprechende Briefbögen nicht mehr besitze, könne er Zeugnisse auch auf andere Weise ausstellen, z. B. auf neutralem Papier (LAG Rheinland Pfalz, Beschluss vom 03.08.2011, Az.: 9 Ta 128/11).
BAG verpflichtet Arbeitgeber zur Erstellung von Arbeitszeugnissen auf Geschäftspapier
Das BAG hat entschieden (Urteil vom 03.03.1993, Az.: 5 AZR 182/92) dass ein Zeugnis grundsätzlich auf Geschäftspapier zu erstellen ist, wobei es darauf ankommt, ob im jeweiligen Geschäftszweig üblicherweise solche Firmenbögen verwendet werden und der Arbeitgeber solche besitzt und nutzt:
„Daraus folgt zunächst, dass ein Arbeitszeugnis in formeller Hinsicht die im Geschäftsleben üblichen Mindestanforderungen erfüllen muss. Dazu zählt jedenfalls, dass das Arbeitszeugnis mit einem ordnungsgemäßen Briefkopf ausgestaltet sein muss, aus dem der Name und die Anschrift des Ausstellers erkennbar sind. Dabei bestehen im Grundsatz keine Bedenken, wenn der Briefkopf mit Schreibmaschine oder Personalcomputer selbst gestaltet ist. Vorliegend hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass im Berufszweig des Beklagten üblicherweise im geschäftlichen Verkehr Firmenbögen verwandt werden und dass auch der Beklagte solche besitzt und benutzt. Unter diesen Umständen ist ein Zeugnis nicht ordnungsgemäß im vorbezeichneten Sinne ausgestellt, wenn es nur mit einem der Unterschrift beigefügten Firmenstempel versehen ist.“
Gericht muss Zwangsgeld nicht androhen
Die Festsetzung von Zwangsgeld dient dazu, einen Schuldner zur Vornahme einer Handlung, die nur von seinem Willen abhängt und nicht von einem Dritten vorgenommen werden kann (unvertretbare Handlung), anzuhalten. Eine solche nicht vertretbare Handlung nach § 888 Zivilprozessordnung (ZPO) kann beispielsweise die Erteilung einer Auskunft oder die Ausstellung eines Zeugnisses sein. Das Zwangsgeld darf 25.000 € nicht übersteigen. Es wird nicht vorher angedroht und auf Antrag des Gläubigers durch das Prozessgericht des ersten Rechtszuges durch Beschluss festgesetzt.
Wichtiger Hinweis
Kann das Zwangsgeld nicht beigetrieben werden, so ist in den meisten Fällen die Verhängung von Ersatzzwangshaft vorgesehen. Wenn Zwangsgeld von vornherein aussichtslos erscheint, kommt auch die sofortige Verhängung von Zwangshaft in Betracht. Kommt der Adressat dem verlangten Verhalten nach, so entfällt die Zahlungspflicht. Kann die Verhaltenspflicht auch von jemandem anderen (einem Dritten) erfüllt werden, ist neben dem Zwangsgeld die Ersatzvornahme ein möglicher Weg der Vollstreckung (Vornahme einer geschuldeten Handlung anstelle des Handlungspflichtigen auf dessen Kosten).
Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis
Für alle Arbeitnehmer gilt § 109 Gewerbeordnung (GewO). Danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein schriftliches Zeugnis auszustellen.
§ 109 Zeugnis
(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.
(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.
Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, ein Arbeitszeugnis in einer ganz bestimmten Form zu erstellen. Ein Mitarbeiter kann aber verlangen, dass sein Arbeitszeugnis
- ordentlich und sauber
- im Format DIN A 4
- mit Schreibmaschine oder PC
- auf Geschäftspapier erstellt wird (siehe oben).
Bei Rechtschreib- und Grammatikfehlern hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Berichtigung des Zeugnisses.
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