Mündliche Absprachen über Zeugnisinhalt sind bindend
Hat sich ein Arbeitgeber mit einem aus dem Betrieb ausscheidenden Mitarbeiter mündlich auf einen bestimmten Inhalt des Arbeitszeugnisses geeinigt, besteht ein Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Zeugnis mit dem vereinbarten Inhalt.
Der Fall aus der Praxis
Entgegen einer ursprünglich mündlich vereinbarten Abmachung weigerte sich ein Arbeitgeber, den Passus „Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war jederzeit einwandfrei" in das Arbeitszeugnis einer Mitarbeiterin aufzunehmen. Dadurch sollte der Arbeitnehmerin ein stets einwandfreies Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden attestiert werden. Im Nachhinein bestritt der Arbeitgeber dies jedoch und weigerte sich mit der Begründung, das Zeugnis sei dann falsch. Tatsächlich sei das Gegenteil der Fall gewesen. Ein solches Zeugnis sei sittenwidrig. Der Leistungsstand der Mitarbeiterin gebe eine solche Beurteilung nicht her. Er müsse deshalb eine haftungsrechtliche Inanspruchnahme durch den neuen Arbeitgebers befürchten. Die Mitarbeiterin war hingegen der Ansicht, der Arbeitgeber schulde ihr ein Arbeitszeugnis mit dem vereinbarten Inhalt.
Das sagt der Richter
Das Gericht gab der Mitarbeiterin Recht. Sie habe Anspruch auf ein Zeugnis mit dem vereinbarten Wortlaut. Darin ändere sich auch nichts, wenn die inhaltlichen Angaben offensichtlich unrichtig seien. Eine andere Beurteilung käme nur in Betracht, wenn es sich dabei um grobe Unrichtigkeiten handele. Diese müssten befürchten lassen, dass der neue Arbeitgeber hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Redlichkeit des Arbeitnehmers in die Irre geführt werde und ihm deshalb ein Vermögensschaden drohe. Beziehe sich die objektiv falsche Bewertung auf Leistungsgesichtspunkte, sei die Gefahr einer Vermögensschädigung per se nicht gegeben. Dem neuen Arbeitgeber stehe zudem frei, sich innerhalb der Probezeit selbst ein Bild zu machen (LAG Nürnberg, Urteil vom 16.06.2009, Az: 7 Sa 641/08).
Das bedeutet die Entscheidung
Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Arbeitgeber verpflichtet, einem ausscheidenden Mitarbeiter ein Arbeitszeugnis zu erteilen, das einerseits der Wahrheit entsprechen muss und andererseits den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen nicht ungerechtfertigt behindern darf. Eine Haftung gegenüber dem potenziellen neuen Arbeitgeber kommt nur in Betracht, wenn über Eigenschaften oder Verhaltensweisen des Mitarbeiters getäuscht wird.
Hinsichtlich einer befürchteten Sittenwidrigkeit von nicht den Tatsachen entsprechenden Aussagen des ursprünglichen Arbeitgebers gilt es zu differenzieren. Relevant sind in erster Linie reine Verhaltensbehauptungen. Dies hängt damit zusammen, dass die Leistungsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft eines Arbeitnehmers keine festen Parameter bilden. Diese können je nach Arbeitsplatz und Aufgabenzuweisung variieren.
Praxistipp
Halten Sie sich bei Zweifeln stets an folgendes Prinzip: Ein „befriedigend“ kann jeder haben. Eine Beurteilung über dem Durchschnitt muss der Arbeitnehmer darlegen und beweisen.
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