Kein Arbeitsunfall – Unfallversicherung zahlt keine Entschädigung für Sturz im Stadion
Entschädigung von der Unfallversicherung gibt’s nur bei einem Arbeitsunfall
Stürzt ein Busfahrer im Stadion nach dem Besuch eines Fußballspiels und verletzt sich dabei am Oberschenkel, so hat er keinen Anspruch gegen die gesetzliche Unfallversicherung auf Entschädigung, weil nach Ansicht des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) kein Arbeitsunfall vorliegt.
Der Fall aus der Praxis
Ein Arbeitnehmer ist in einem Unternehmen als Busfahrer beschäftigt. Eine seiner Touren führte ihn in die Allianz-Arena nach München, wohin er eine Reisegruppe zum Pokalspiel des FC Bayern München gegen den 1. FC Nürnberg chauffierte. Da eine vorbestellte Eintrittskarte von der Reisegruppe nicht abgeholt wurde, erhielt der Busfahrer die Möglichkeit, das Fußballspiel während seiner 90-minütigen Pause live im Stadion zu verfolgen. Als er nach dem Spiel das Stadion verließ, rutschte er auf einer Treppenstufe aus und zog sich einen Muskelfaserriss im linken Oberschenkel zu. Er forderte Entschädigung von der Unfallversicherung. Diese lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Daraufhin klagte der Arbeitnehmer auf Anerkennung des schädigenden Ereignisses als Arbeitsunfall. Vor dem Sozialgericht (SG) hatte er keinen Erfolg.
Das sagt das Gericht
Auch das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Anerkennung als Arbeitsunfall abgelehnt. Nach Auffassung des Gerichts müsse auch bei Busfahrern zwischen Tätigkeiten unterschieden werden, die mit dem Beschäftigungsverhältnis in einem wesentlichen, inneren Zusammenhang stehen und deswegen versichert seien und solchen, die der privaten, nicht versicherten Sphäre zuzurechnen seien. Der Busfahrer habe seine unbezahlte Pause von 90 Minuten im eigenen Belieben gestaltet. Der Besuch des Fußballspiels sei deshalb dem Bereich der Freizeitgestaltung und damit dem nicht versicherten privaten Bereich zuzurechnen. Der Unfall habe sich im inneren Bereich des Fußballstadions und damit außerhalb eines versicherten Umkreises in der Nähe des Busses ereignet. Busfahrer unterlägen in ihrer Pause zwischen zwei Fahrten nicht automatisch dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Hat der Busfahrer den versicherten Umkreis um seinen Bus verlassen und die Pause als Freizeit privat gestaltet, liege kein Arbeitsunfall vor (Bayerisches LSG, Urteil vom 25.10.2011, Az.: L 3 U 52/11).
Wichtiger Hinweis
Bei einem Unfall, der sich während der Arbeitspause ereignet, handelt es sich nicht immer um einen Arbeitsunfall. Arbeitspausen dienen der Entspannung und Erholung der Arbeitnehmer, um Energie für den Rest des Arbeitstages zu schöpfen. Die Pause steht also in einem engen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Ein Unfall, der sich während der Pause am Arbeitsplatz bzw. in der Arbeitsstätte ereignet, wird deshalb grundsätzlich als Arbeitsunfall anerkannt. Bei Tätigkeiten und Beschäftigungen, die nicht dem Pausenzweck und somit der Entspannung und Erholung dienen, verhält es sich hingegen anders. Unfälle wie im Eingangsfall, die sich zwar auf dem Betriebsgelände ereignen, aber keinen Bezug zur betrieblichen Tätigkeit bzw. zum Pausenzweck aufweisen (z. B. der Besuch eines Kollegen in einer anderen Abteilung während der Pause), fallen nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Praxis-Tipp
§ 8 Abs. 1 SGB VII definiert einen Unfall als ein von außen auf den menschlichen Körper einwirkendes, unfreiwilliges Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Ein Arbeitsunfall liegt danach vor, wenn ein Arbeitnehmer im Rahmen seiner versicherungspflichtigen Tätigkeit einen Unfall erleidet. Welche Voraussetzungen konkret erfüllt sein müssen, damit ein Unfall als Arbeitsunfall anerkannt wird, erfahren Sie anhand unserer Checkliste Arbeitsunfall.
Entschädigung nach Arbeitsunfall: Das leistet die gesetzliche Unfallversicherung
Nach § 22 Abs. 1 SGB I haben Arbeitnehmer, die Opfer eines Arbeitsunfall wurden, Anspruch auf folgende Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung:
- Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und zur Ersten Hilfe sowie Maßnahmen zur Früherkennung von Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren,
- Heilbehandlung, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und andere Leistungen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit sowie zur Erleichterung der Verletzungsfolgen einschließlich wirtschaftlicher Hilfen,
- Renten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit,
- Renten an Hinterbliebene, Sterbegeld und Beihilfen,
- Rentenabfindungen,
- Haushaltshilfe,
- Betriebshilfe für Landwirte.
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