Entschädigung gibt’s auch bei nur teilverbindlichem Wettbewerbsverbot
Wird der Rahmen eines Wettbewerbsverbots vom Arbeitgeber zu weit gesteckt und ist es deshalb nur in reduzierter Form für den ehemaligen Mitarbeiter verbindlich, kann bei Einhaltung des nur verbindlichen Teils die Karenzentschädigung trotzdem in voller Höhe fällig werden.
Der Fall aus der Praxis
Ein Mitarbeiter einer Firma, die sich auf die Herstellung und den Vertrieb von Fenstern und Türen spezialisiert hatte, verließ das Unternehmen, nachdem er ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot unterzeichnet hatte. Danach war es ihm untersagt, für ein Konkurrenzunternehmen tätig zu werden. Im Gegenzug wurde ihm eine Karenzentschädigung in Aussicht gestellt. In der Folge arbeitete er als selbstständiger Handelsvertreter, allerdings für einen Betrieb, der zwar dieselben Produkte wie sein früherer Arbeitgeber herstellte, diese jedoch nicht an den Fachhandel, sondern an Endverbraucher verkaufte. Deshalb bestand der ehemalige Mitarbeiter auch auf seine zugesagte Entschädigung und klagte auf Zahlung.
Das sagt der Richter
Mit Erfolg. Nach Ansicht des Gerichts hat der Mitarbeiter das Wettbewerbsverbot, soweit es für ihn eine Verbindlichkeit begründet hat, beachtet. Abzustellen sei hier auf das berechtigte geschäftliche Interesse des ehemaligen Arbeitgebers, das sich auf die Untersagung einer Tätigkeit hinsichtlich eines identischen Kundenkreises beziehe, nicht jedoch darauf, insgesamt in dieser Branche tätig zu werden. Insoweit bestehe keine Konkurrenzsituation und die Einhaltung nur dieses, für den Ex-Mitarbeiter verbindlichen Teils der Abmachung, rechtfertige auch ohne besondere gesetzliche Normierung eines Teilanspruchs die vereinbarte Entschädigung (BAG, Urteil vom 21.04.2010, Az: 10 AZR 288/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Es handelt sich hier um den Fall eines sogenannten überschießenden Wettbewerbsverstoßes. Denn die Regelung des § 74 Abs. 1 S. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) entwickelt nur dann eine Schutzwirkung für den Betroffenen, soweit der Umfang des Wettbewerbsverbotes nicht zu weit gesteckt ist.
Wichtiger Hinweis
Wird ein Wettbewerbsverbot mit einem Rechtsmangel vereinbart, kann dies die Nichtigkeit, aber auch nur die Unverbindlichkeit oder teilweise Unverbindlichkeit der Vereinbarung bewirken.
Dient ein Wettbewerbsverbot nicht dem Schutz des geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers und ist es im Hinblick auf das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht durch eine angemessene Entschädigung gedeckt, so hat dies die Unverbindlichkeit bzw. Teilunverbindlichkeit der Vereinbarung zur Folge. Eine rechtliche Überprüfung erfolgt in solchen Fällen immer in zwei Stufen:
- berechtigtes geschäftliches Interesse
Erforderlich ist einerseits, dass der Arbeitgeber vorhat, das erworbene Know-how oder aber den bestehenden Lieferanten– bzw. Kundenkreis mit dem Wettbewerbsverbot zu schützen. Insoweit sind nur diese beiden Motive anerkannt.
- Fortkommen des Arbeitnehmers darf nicht unbillig erschwert werden
Die Entschädigung muss daher nach Ort, Zeit und Gegenstand angemessen sein. Der Umfang des Wettbewerbsverbotes darf nicht zur Folge haben, dass dem Arbeitnehmer die weitere Ausübung seines Berufes gänzlich unmöglich gemacht wird.
Dem entspricht auch die Regelung, dass ein Wettbewerbsverbot für längstens zwei Jahre zulässig ist.
Ist das Wettbewerbsverbot nach diesen Erwägungen nur zu einem Teil verbindlich, wird es automatisch auf den erlaubten Umfang reduziert.
Vorsicht
Die vereinbarte Karenzentschädigung bleibt der Höhe nach aber vollständig bestehen. Zumindest gilt dies dann, wenn überhaupt noch ein geschäftliches Interesse des Arbeitgebers besteht. Fällt ein solches etwa wegen einer Betriebsstilllegung komplett weg, reduziert sich das Wettbewerbsverbot auf Null mit der Folge, dass auch Verpflichtung zur Entschädigung nicht mehr besteht.
Musterschreiben zum Download
Zur Entschädigungsberechnung benötigen Sie entsprechende Angaben Ihres ehemaligen Mitarbeiters zu seiner Erwerbssituation. Ein entsprechendes Musterschreiben Auskunftsverlangen erhalten Sie hier.
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