Zinsen auf Steuererstattungen sind steuerpflichtig
Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Münster ist die durch das Jahressteuergesetz 2010 rückwirkend angeordnete Besteuerung von Zinsen, die der Fiskus auf Steuererstattungen zahlt, verfassungsgemäß.
Der Fall aus der Praxis
Ein zusammen veranlagtes Ehepaar hatte aufgrund von Einkommensteuererstattungen sogenannte Erstattungszinsen nach § 233 a der Abgabenordnung (AO) vom Finanzamt erhalten. Allerdings mussten die Eheleute gleichzeitig wegen Steuerforderungen für andere Jahre sogenannte Nachzahlungszinsen zahlen. Das Paar war der Meinung, dass entweder die Erstattungszinsen steuerfrei oder aber die Nachzahlungszinsen steuerlich absetzbar seien.
Das sagt der Richter
Das Gericht war anderer Auffassung. Erstattungszinsen seien nach der durch das Jahressteuergesetz 2010 geänderten Fassung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerpflichtige Erträge aus Kapitalforderungen. Die Gesetzesänderung sei auf alle Fälle anwendbar, in denen die Steuer noch nicht rechtskräftig festgesetzt sei. Sie gelte daher auch im Streitfall. Die sich daraus ergebende Rückwirkung der Neuregelung verstoße nicht gegen die Verfassung. Zwar sei eine echte Rückwirkung nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Diese seien im Streitfall aber gegeben, denn der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung lediglich eine Gesetzeslage geschaffen, die der – vor der Änderung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) – gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis entspreche (FG Münster, Urteil vom 16.12.2010, Az.: 5 K 3626/03 E).
Das bedeutet die Entscheidung
Das Finanzgericht berief sich in seiner Entscheidung auf die Rechtsprechung des BFH, das früher Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen ansah. Diese Rechtsprechung hat der BFH in einer Entscheidung vom 15.06.2010 aufgegeben. Darauf hat der Gesetzgeber reagiert und mit der Änderung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG die vormals geltende Rechtslage wieder hergestellt.
Wichtiger Hinweis
Zahlt ein Steuerpflichtiger Steuern an das Finanzamt, die erst später festgesetzt werden, so überlasst er dem Fiskus nicht geschuldetes Kapital zur Nutzung. Als Gegenleistung erhält der Steuerpflichtige später sogenannte Erstattungszinsen.
Fairplay gilt nicht im Steuerrecht
Der Gesetzgeber hat Ende 2010 reagiert und ganz schnell mit Änderung des maßgeblichen § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG wieder Klarheit geschaffen, allerdings nur zum Vorteil der Finanzbehörden. Und diese Regelung betrifft auch Altfälle, denn es handelt sich um eine zulässige Rückwirkung. Es bleibt abzuwarten, ob der Fall, der in der Revision ist, doch noch zu einem guten Ende für alle Steuerpflichtigen führen wird.
Musterformulierung zum Download
Betroffenen Steuerpflichtigen ist zu empfehlen, Einspruch gegen einen entsprechenden Bescheid einzulegen. Wir haben eine Musterformulierung für Sie vorbereitet.
Musterformulierung Einspruch gegen Besteuerungsbescheid von Erstattungszinsen
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In unserer Checkliste erfahren Sie, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein Gesetz im Steuerrecht Rückwirkung hat.
Checkliste Rückwirkung von Gesetzen im Steuerrecht
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